RoboCup 2015 in Hefei, China

Dieses Jahr fand der 19. RoboCup in Hefei, China statt. Vom 17. bis 22. Juli trafen sich Teams aus aller Welt in der chinesischen Stadt, um an dem Event teilzunehmen. Die Tigers Mannheim waren ebenfalls wieder dabei, um mit ihrem Team in der Small Size League (SSL) anzutreten.
Die ersten beiden Tage des RoboCups waren als „Setup-Phase“ zum Aufstellen und Einrichten der Teams geplant. In den darauf folgenden vier Tagen wurden dann die Spiele in sämtlichen Ligen ausgetragen.

Die Reise begann wie so oft am Frankfurter Flughafen. Das Team reiste dieses Jahr in zwei Gruppen an zwei verschiedenen Tagen an. Die erste Gruppe flog am Dienstag direkt in zwölf Stunden nach Shanghai. Mit dabei waren unsere Roboter mit Zubehör. Wie üblich in vier unserer schweren ProCases. Für den Zoll hatten wir wieder ein Carnet ATA Formular vorbereitet, damit wir für Im- und Export keinen Zoll zahlen müssen. Dies bedeutete jedoch, dass wir an jedem Flughafen beim Zoll-Büro vorbeischauen mussten. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass der Schalter in Frankfurt sonderlich voll sein würde, doch es stellte sich heraus, dass sich eine riesige Schlange, überwiegend Chinesen, gebildet hatte. Chinesen können wohl Steuern erstattet bekommen, wenn sie ihre Quittungen vorlegen. Obwohl einige Wartende schon kurz davor waren, ihren Flug zu verpassen, wollten sie unbedingt jede noch so kleine Quittung gestempelt bekommen. Obwohl wir einen großen Puffer am Flughafen eingeplant hatten, wurde es durch die Warterei ziemlich eng. Durch ein geschicktes Abfangmanöver eines Zollbeamten haben wir am Ende unseren Stempel dann aber doch noch rechtzeitig erhalten.

Am frühen Morgen kamen wir in Shanghai an. Dort erwartete uns bereits ein Freund unserer Kontaktperson und erklärte uns, wie wir zum Hotel kommen. Die Verständigung war schwierig, aber schließlich hatten wir ausreichend Geld für den Anfang und saßen im richtigen Bus in Richtung Shanghai Hauptbahnhof. Während wir im Hotel eincheckten, tauchte plötzlich ein anderer Freund unserer Kontaktperson auf und überreichte uns die zuvor bestellten Zugtickets nach Hefei. Eine Truppe deutscher Studenten fällt in China wohl doch auf und ist schnell zu finden.
Nach einem Mittagessen und etwas Schlaf machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden. Die erste Herausforderung stellte sich beim Kauf der Metro-Tickets. Glücklicherweise kam uns ein Passant zur Hilfe. Nach einigem Verhandeln stellten wir aber fest, dass er uns nicht richtig verstand und so kauften wir unsere Tickets mit etwas Zeichensprache selbst. Mit der Metro ging es dann zum People's Park, dem sich die Nanjing Road anschließt, laut Internet eine der größten Einkaufspassagen der Welt. Wir gelangten auch in einige Nebenstraßen, die für uns doch dem Klischee mit selbstgemachtem Essen, vielen Läden und buntem Treiben entsprachen. Nach dem Besuch in einem Restaurant ging es bereits bei Dunkelheit zum Bund, der gegenüberliegenden Seite der berühmten Skyline von Shanghai. Wir hatten nicht erwartet, dass der Ort in so einem Ausmaß besucht wird. Es drängten sich zahlreiche Menschengruppen durch die Straße, um den Ausblick zu genießen. Nachdem wir es ihnen gleich taten, fuhren wir recht zufrieden mit unseren Erlebnissen und Eindrücken zurück ins Hotel.

Nach der ersten Nacht in Shanghai, mussten wir bereits unsere Sachen wieder packen. Da wir aber den ganzen Tag bis zur Weiterreise vor uns hatten, machten wir uns auf den Weg in den Yu Garden. Neben dem Park, von dem man auch einen Blick auf die Skyline hat, schließt sich ein Komplex an, der die traditionelle chinesische Bauweise erhalten soll. Hier wurden wir von einem Kunstprofessor in eine Galerie eingeladen, wo er Kunst von sich und seinen Studenten ausstellte. Jedoch befand sich die Ausstellung in einem Kaufhaus und bald kam eine weitere Person, die uns die Bilder verkaufen wollte. Als wir kein Bild kaufen wollten, konnten wir weiterziehen und fuhren erneut zum People's Square. Diesmal war unser Ziel das Shanghai Urban Planning Museum. Hier wird auf vier Etagen die Entwicklung Shanghais vorgestellt, inklusive Plänen für die Zukunft. Wir fanden dies ziemlich interessant, da man so die Entwicklung der Stadt besser verstehen konnte. Anschließend fuhren wir wieder zum Hotel, holten unsere Sachen und machten uns auf dem Weg zum Bahnhof, wo wir die restlichen vier TIGERS Mitglieder treffen wollten.

Während die erste Gruppe sich in Shanghai die Hauptattraktionen anschaute, reiste die zweite Gruppe in Richtung Frankfurt Flughafen. Mit Zwischenhalt in Dubai erreichte der Rest des Teams nach 18 Stunden Reisezeit nun ebenfalls die chinesische Metropole. Mit der Magnetschwebebahn (Maglev) ging es dann sehr schnell und sehr futuristisch in die Innenstadt und anschließend mit der Metro zur Shanghai Railway Station. Nach anfänglichen Problemen (anscheinend hat der Bahnhof zweimal den Exit 2...) trafen sich beide Reisegruppen am Bahnhof. Das Innere des Bahnhofs wirkte eher wie ein Flughafen als ein Bahnhof. Wir warteten an einem Gate darauf, dass wir auf den Bahnsteig gelassen wurden. Mit dem Hochgeschwindigkeitszug ging es dann von Shanghai nach Hefei.

Drei Stunden später kamen wir im 500km entfernten Hefei an einem gigantischen Bahnhof an. Es war ziemlich warm, schwül und regnete. In der total überdimensionierten Bahnhofshalle trafen wir auf viele grün gekleidete „Volunteers“, welche uns noch die ganzen Tage beim RoboCup begleiten würden. Die Volunteers brachten uns nach draußen und nach anfänglichen Diskussionen mit dem Busfahrer erklärte er sich bereit, uns zum Hotel zu fahren. Mit gekonnter Tetris-Taktik schafften wir es, den eigentlich zu kleinen Bus mit dem Gepäck und uns selbst zu beladen. Der Busfahrer hupte weniger als erwartet. Wir kamen am Gloria Plaza Hotel an und wurden erstmal überrascht. Anscheinend waren bereits alle normalen Zimmer ausgebucht, sodass wir die Eck-Zimmer mit Wohnzimmer und zweitem Bad bekamen. Die Volunteers brachten uns noch zu einem chinesischen Fast-Food-Laden, der nach 11 Uhr Abends noch geöffnet war und bei dem wir noch ein Abendessen zu uns nehmen konnten. Wir stellten fest, dass Fleisch hier grundsätzlich eher aus Knochen als aus Fleisch besteht und dass spicy hier wirklich scharf bedeutet.

Am nächsten Morgen trafen wir uns zum Frühstück, was deutlich weniger europäisch ausfiel als erwartet. Dennoch fand jeder etwas am reichhaltigen Buffet, um satt zu werden. Der Veranstaltungsort des RoboCup lag in unmittelbarer Nähe zum Hotel und wir benötigten keine 5 Minuten Fußweg zum Anhui International Conference \& Exhibition Center. Die Halle ist sehr groß, wir warteten am ersten Tag jedoch relativ lange am Eingang, da sich der Security-Check am Eingang der Halle sowie die Registrierung in die Länge zogen. Als wir die RoboCup-T-Shirts erhielten, stellten wir fest, dass chinesische Größen wirklich überhaupt nicht mit europäischen übereinstimmen. Schließlich konnten die Volunteers aber noch einige "XXXL" Shirts auftreiben, die etwa dem europäischen "L" entsprachen. An den Spielfeldern angekommen fingen wir unverzüglich an, die Roboter aus ihren Cases zu befreien und unseren Arbeitsplatz einzurichten. Überall liefen Volunteers umher, die einem bei Fragen und Wünschen halfen. Die Halle wurde sehr stark gekühlt und obwohl es draußen über 30°C waren, musste man drinnen mit Pullover sitzen. Nach einem Tag Setup gingen wir zurück ins Hotel und aßen noch in der hoteleigenen Nudelbar.

Wie die ganze anschließende Woche wurden wir durch Hupen auf den Straßen geweckt. Die Leute dort schienen das stetig Hupen nicht als Lärmbelästigung zu empfinden. Es wird für jegliche Verkehrssituationen genutzt: Beim Überholen, beim Abbiegen, beim Grüßen und beim Beschimpfen. Wir konnten uns am zweiten Tag in Hefei dennoch recht lange im Bett halten und beeilten uns deswegen beim Frühstück, um zeitig in der Halle seien zu können.

Mittlerweile waren die meisten Felder aufgebaut und die ersten Teams konnten ihre Bots und Software testen. Auch wir bezogen nun unseren Platz am Spielfeld für die Gruppenspiele. Dabei arbeitete unser Team zusätzlich an der Umsetzung der Technical Challenges. Dafür musste zum einen ein Protokoll umgesetzt werden, mit dem andere Teams unsere Bots steuern können. Die zweite Herausforderung war es, mit einem weiteren Team zusammenzuspielen und somit ein Spiel 11 gegen 11 bestreiten zu können.
Neben den üblichen Vorbereitungen der Teams befand sich auch der Veranstalter in der heißen Phase der Vorbereitung zur offiziellen Eröffnungsfeier am nächsten Tag. Daher lief beinah den ganzen Tag der Text der Eröffnung, so dass wir ihn am Abend vollständig mitsprechen konnten.

Der nächste Tag startete wieder früh. In der RoboCup-Halle fand morgens die Eröffnungsfeier statt. Von den Reden, die die RoboCup Vertreter dort gehalten haben, war leider nicht viel zu verstehen. Die Sprache war im Vergleich zum Umgebungslärm viel zu leise und das Englisch war nicht wirklich zu verstehen. Vor dem ersten Spiel wurden noch fleißig Bugs gefixt. In der letzten halben Stunde vor dem Spiel lief dann endlich soweit alles. Das erste Spiel war gegen ZJUNlict, die Weltmeister der letzten 2 Jahre. Erwartungsgemäß gewann das gegnerische Team 10 zu 0. Es waren sehr viele Besucher da, die sehr viele Fotos gemacht haben. Oft wurde man angesprochen ob man sich als Model für ein Foto zur Verfügung stellt. Das zweite Spiel war gegen RFC Cambridge geplant, die allerdings aufgrund von Hardware-Problemen nicht antreten konnten. Wir gewannen das Spiel mit 10 Toren. Da dieses "Spiel" aufs leere Tor schnell vorbei war, organisierten wir noch schnell ein Freundschaftsspiel gegen KIKS, das wir 5 : 0 gewannen.
Am Abend wurde die erste Technical Challenge ausgetragen. Im Vorfeld wurde ein Protokoll definiert, mit dem beliebige Roboter gesteuert werden können. Jedes Team musste einen Server erstellen, der Befehle einer fremden Software an die eigenen Roboter weiterleitet. Außerdem musste ein Client erstellt werden, der Befehle in der eigenen Software an einen Server schickt. In der Challenge musste jedes Team anhand verschiedener Ziele zeigen, dass die Kommunikation funktioniert. Dazu gehörte das einfache Bewegen von A nach B, aber auch das Schießen von Toren gegen eine Verteidigung.

Abends waren wir wieder in der hoteleigenen Nudelbar. Wie gewohnt fehlten wieder einige Gerichte und die Getränke. Dass man um das (bezahlte) Essen zu bekommen etwas diskutieren musste, hatten wir aber inzwischen gelernt. Einige von uns haben noch einen Spaziergang durch die Stadt gemacht. Es fiel auf, dass jede Kreuzung übertrieben groß erschien und dass überall Leute auf der Straße saßen und gemeinsam aßen.

Am zweiten Spieltag spielten wir gegen MCT Susanoo Logics 8 : 0 und gegen UBC Thunderbots 2 : 0. Damit kickten wir unsere kanadischen Freunde leider auch aus dem Turnier.
Am Abend wurde die zweite Technical Challange ausgetragen. In einem Spiel mit 11 gegen 11 Roboter spielten jeweils 2 Teams zusammen gegen 2 andere Teams. Ziel war es, mittels Kommunikation zwischen den KIs ein flüssiges Spiel auszutragen, ohne dass sich die Teams gegenseitig stören. Trotz Problemen mit der Kommunikation bei fast allen Teams klappte dies aber erstaunlich gut. Ein wenig Chaos verursachten die 22 Roboter auf 9x6m aber trotzdem.

Die Gruppenspiele waren nun vorbei. Mit 3 Siegen und einer Niederlage waren wir in unserer Gruppe auf dem 2. Platz. Der erste Platz kam direkt ins Viertelfinale, Plätze 2 und 3 mussten im sogenannten Lucky Looser Spiel um den Einzug ins Viertelfinale spielen. Unseren Gegner, RoboJackets, besiegten wir mit 8 : 0 und erreichten so diesmal deutlich die Top 8.
Unglücklicherweise erwischen wir im Viertelfinale CMDragons als Gegner, die sich später als deutliche Gewinner der diesjährigen WM herausstellen sollten. Das Spiel war schön, endete jedoch mit einem 0 : 15.
Um noch mehr Spielerfahrung zu sammeln, und weil unsere Roboter immer noch alle top-fit waren, organisierten wir am selben Tag noch 2 weitere Freundschaftsspiele, zunächst gegen unsere Freunde aus Erlangen, ERForce, gegen die wir 1 : 3 verloren, anschließend erneut gegen UBC Thunderbots, gegen die wir diesmal 8 : 0 gewannen.
Und immer noch zeigte unsere Hardware keine Müdigkeit. Daher verabredeten wir für den nächsten Morgen ein Freundschaftsspiel gegen RoboDragons, ein japanisches Team, gegen das wir im letzten Jahr im Viertelfinale 0 : 7 verloren hatten. Diesmal konnten wir die Niederlage mit 0 : 1 klein halten und haben ein spannendes Spiel ausgetragen.

In den diesjährigen Finals spielten zunächst das columbianische Team STOX gegen das chinesische Team ZJUNlict um Platz 3. Anschließend spielten die Amerikaner CMDragons gegen die Iraner MRL. Dazwischen organisierten wir noch schnell ein Spiel gegen STOX, das zunächst mit einem 1 : 1 endete. Im anschließenden Elfmeter-Schießen konnte unser "Epic Penalty Shooter" das Spiel mit 6 : 4 für uns entscheiden.
Damit hatten wir insgesamt 11 Spiele auf dem diesjährigen RoboCup ausgetragen, was eine beeindruckende Leistung und vielleicht sogar ein neuer Rekord sein dürfte. Die wenigsten Teams schaffen es, ihre Roboter so lange funktionstüchtig zu halten.

Am Nachmittag zogen wir gemeinsam mit allen anderen Teams zur Award Ceremony, wo jedes Jahr die Trophäen überreicht werden. Auch dieses Jahr gewannen wir wieder die Open Source Trophäe dafür, dass wir unsere gesamte Arbeit mit Code, technischen Zeichnungen und Dokumentation veröffentlichten. Damit können hoffentlich neue Teams einen schnelleren Einstieg in die Liga finden und bestehende Teams neue Ideen aufgreifen.
Die Zeremonie war für uns leider sehr langweilig, da vieles auf chinesisch oder sehr schlechtem Englisch vorgetragen wurde und sich einfach diverse Kamera-Leute genau in unsere Sicht gestellt hatten.
Deutschland hat insgesamt mal wieder sehr gut abgeschnitten. In vielen Ligen waren teilweise sogar mehrere deutsche Teams aus ganz Deutschland unter den vordersten Plätzen vertreten.

Der RoboCup 2015 in China war für uns wie schon in den letzten Jahren wieder eine großartige Erfahrung. Die harte Arbeit hat sich wieder mal gelohnt und wir konnten unsere Erfolge wieder etwas steigern.

Gegner Score Match Type
Zjunlict 0 : 10 group
RFC Cambridge 10 : 0 group
MCT Susanoo Logics 8 : 0 group
UBC Thunderbots 2 : 0 group
RoboJackets 8 : 0 Lucky Looser
CMDragons 0 : 15 Quarter
KIKS 5 : 0 friendly
ERForce 1 : 3 friendly
UBC Thunderbots 8 : 0 friendly
RoboDragons 0 : 1 friendly
STOX 6 : 4 (1 : 1) friendly

 

Autoren: Arne Sachtler, Nicolai Ommer, Rico Fritzsche, Daniel Andrés, Andre Ryll